Auch wenn die letzten Wintertage im mitteleuropäischen Bergland noch einmal Schnee brachten, auch wenn am 27.2. das Wetter bemerkenswerterweise selbst im Flachland mit Schneeflocken und Eiskörnern um sich geworfen hat – dieser Winter war viel zu mild.
Der Winter in Deutschland
Im Jahr 1901 begannen in Deutschland flächendeckend regelmäßige und einheitliche meteorologische Messungen. Seit dieser Zeit war kein Winter wärmer als der Winter 2006/2007. Die Abweichung vom Durchschnitt der aktuellen Bezugsperiode 1961 – 1990 beträgt mehr als 4°C – selbst die beiden sehr milden Winter 1974/1975 und 1989/1990 kommen da nicht ganz mit. Für einzelne Orte gibt es auch länger zurückreichende Wetteraufzeichnungen (die meist aber nur eingeschränkt mit den modernen Reihen vergleichbar sind). In der Berliner Innenstadtreihe, die bis ins Jahr 1701 reicht (mit größeren Unterbrechungen in den ersten Jahrzehnten) lassen sich im 18. und 19. Jahrhundert nur zwei Winter ähnlichen Kalibers wie der diesjährige finden: 1755/1756 und 1763/1764.
In diesem Winter waren besonders der Dezember und der Januar zu warm. Anfang Januar kletterte das Quecksilber an der Nordsee auf 11°C, im Dezember auf knapp 13°C – in beiden Fällen wurden alte Höchstwerte übertroffen (Helgoland, Sylt). Entlang des Rheins sind sogar in allen drei Monaten Höchstwerte von mehr als 16°C aufgetreten. Außerdem fiel der Winter nasser aus als im Durchschnitt, was für milde Winter aber nicht untypisch ist. In der Südhälfte Deutschlands gab es meist mehr Sonnenschein als normal, im Norden dafür weniger. Zu milden Wintern gehört meist auch eine Zyklonenrennbahn über Europa. So tummelten sich hierzulande im Dezember und Januar nicht nur diverse Sturmtiefs, sondern auch gleich mehrere Orkane: Rosa und Vera im Dezember, Franz, Gerhard und Kyrill im Januar.
Winterwetter gab es natürlich auch. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit seien folgende Ereignisse erwähnt:
- Anfang Januar kam es in Süddeutschland zu ergiebigen Schneefällen (in höheren Lagen), wobei die Neuschneemengen bis zu 20 cm betrugen (Freudenstadt).
- Der nordosteuropäische Kaltluftvorstoß, der Ende Januar sogar die Iberische Halbinsel erreichte, brachte in Mitteleuropa verbreitet Eistage.In der Südhälfte Deutschlands schneite es auch ergiebig und es wurden Neuschneehöhen von bis zu 50 cm registriert (Zinnwald, Fichtelberg).
- Ein weiterer Vorstoß arktisch geprägter Luftmassen Ende Februar erreichte mit seinem vordersten Rand zwar nur Ostdeutschland, an der Grenze zu deutlich milderer Luft kam es in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern aber zu Eisregen und Schnee. Diese Luftmassengrenze war sehr scharf: Am 22.2. lag die Temperatur im Berliner Raum am Nachmittag noch bei 9°C, während nur 60 km weiter östlich, in Manschnow, bereits 0°C gemessen wurden.
Der Winter in Nord- und Osteuropa
Hier waren der Dezember und der Januar ebenfalls deutlich zu warm. Dies hatte zur Folge, dass die Vereisung der Ostsee erst kurz vor Weihnachten einsetzte und auch zu diesem Zeitpunkt zunächst nur im äußersten Norden des Bottnischen Meerbusens. Moskau war in der ersten Dezemberhälfte frostfrei. Anfang Januar stieg die Temperatur in Nordrussland (z.B. in Archangelsk) über den Gefrierpunkt, weite Gebiete hatten wenig oder auch gar keinen Schnee. Im Februar normalisierte sich die Situation und es gab eine ausgeprägte Kältewelle. Dabei sank die Temperatur in Skandinavien unter -30°C, in Russland noch ein wenig tiefer. Außerdem konnte sich eine ausgedehnte Schneedecke bilden. Die Ostsee hatte Ende Februar aber immer noch deutlich weniger (und deutlich dünneres) Eis als im Durchschnitt.
Der Winter am Mittelmeer
Der diesjährige Winter zeichnete sich im Mittelmeergebiet hauptsächlich durch fehlende Niederschläge aus. Es war generell zu trocken. Nur als Beispiel sei hier Malta genannt. Die Insel hat schon im Herbst weniger als die durchschnittliche Regenmenge abbekommen, der Winter fiel noch trockener aus. Statt rund 260 mm gab es nur etwa 105 mm Regen, 78 mm davon allein im Dezember. Der Januar 2007 gilt als der zweittrockenste seit Beginn der Aufzeichnungen.
In der Woche vor Weihnachten regnete es zwischen Italien und der Türkei allerdings sehr heftig: Es gab Tagesmengen von mehr als 100 mm und am Kap Bonifati fielen innerhalb von 5 Tagen 350 mm.
Und sonst auf der Nordhalbkugel?
Die meisten Gebiete der Nordhalbkugel hatten einen überdurchschnittlich warmen Winter. Das gilt besonders für Teile Europas, Kanadas und Sibiriens, wo alle drei Monate zu warm waren. Im größten Teil der USA waren die ersten beiden Monate sehr warm, aber schon Ende Dezember gab es Blizzards. Der Februar brachte dann besonders dem Mittleren Westen strenge Kälte mit, wobei die Temperatur verbreitet unter -30°C sank. Ende Januar wurde in Nome (Alaska) der absolute Höchstwert für Januar nur knapp verfehlt.
Sehr hübsch ist der Temperaturverlauf für Dawson im kanadischen Teil von Alaska: Anfang Dezember gab es noch Werte um den Gefrierpunkt, Ende Februar sank die Temperatur auf -49°C. Die Mitteltemperaturen der letzten Februartage lagen damit 15 – 20 Grad unter dem Durchschnitt.
Im Winter als Ganzes zu kalt (ja, das gab es auch) war es im Südwesten der USA, einigen Gebieten des westafrikanischen Sahels sowie Indiens.
In Ostsibirien war es zwar auch nicht so kalt wie im Durchschnitt, aber in Ojmjakon wurden Mitte Januar als Tiefstwert des Winters -60°C erreicht – seit 20 Jahren ein sehr typischer Wert für diese Station. In Nordsibirien wurden die tiefsten Temperaturen hingegen erst Ende Februar gemessen. In Saskylah (südöstlich der Tajmyr-Halbinsel) wurden sogar -56°C verbucht. In Novosibirsk in Westsibirien konnte die Temperatur dagegen in allen drei Monaten über die Null-Grad-Schwelle steigen.